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«TRUEDEPTH» ist für gewisse Produkte (z.B. Computer als Oberbegriff) nicht eintragungsfähig

«TRUEDEPTH» ist für gewisse Produkte (z.B. Computer als Oberbegriff) nicht eintragungsfähig

Rechtsprechung
Markenrecht

«TRUEDEPTH» ist für gewisse Produkte (z.B. Computer als Oberbegriff) nicht eintragungsfähig

4A_178/2023 v. 8.8.2023

I. Ausgangslage (zusammengefasst)

Am 13.September 2017 beantragte die A.__ Inc. beim IGE die Eintragung der Wortmarke «TRUEDEPTH» für diverse Waren der Klasse 9. Mit Verfügung vom 17. August 2021 akzeptierte das IGE das Gesuch u.a. für Fitness-Armbänder (Messinstrumente), Kopfhörer, Drucker, Etuis etc. für Smartwatches, Hundepfeifen sowie Elektrozäune. Demgegenüber wurde die Registrierung verweigert für Computer, Smartphones, Computerspielsoftware sowie Brillen etc. mit der Begründung, für diese Produkte zähle das Zeichen zum Gemeingut. Gegen diese Verfügung erhob die A.__ Inc. Beschwerde beim BVGer, welche teilweise gutgeheissen wurde; dies für Headsets zur Verwendung mit Computern, Smartphones, mobilen elektronischen Geräten, tragbaren elektronischen Geräten, Smartwatches, Smartbrillen (Smartglasses), Fernsehern, Set-Top-Boxen und Audio- und Videospiel- und Aufnahmegeräten. Gegen dieses Urteil erhob die A.__ Inc. schliesslich Beschwerde beim BGer.

Abweisung der Beschwerde

Vorbemerkung: Die A.__ Inc. erhob u.a. den Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Untenstehend wird darauf nicht eingegangen, weil das BGer eine solche Verletzung ohne weiteres verneinte mit der Begründung, zum einen sei eine Rechtsfrage betroffen und zum andern sei es angesichts des umfangreichen Warenverzeichnisses gerechtfertigt gewesen, einzelne Warengruppen zusammenzufassen (vgl. dazu Erw. 2, 2.1 und 2.2 des Urteils)

II. Erwägungen unter dem Aspekt der Unterscheidungskraft (Auszug / teilweise mit wörtlicher Wiedergabe)

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 2 Bst. a MSchG sind dem Gemeingut zugehörige Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, sofern sie sich nicht im Verkehr durchgesetzt haben. (E. 3.1 Abs. 2)

b) Als Teil des Gemeingutes gelten (i) Zeichen, denen die nötige Unterscheidungskraft für die Individualisierung der Produkte des Zeicheninhabers fehlt und/oder (ii) Zeichen, welche für den Wirtschaftsverkehr freizuhalten sind. (E. 3.2 Abs. 1 erster Satz)

c) Die verlangte Unterscheidungskraft fehlt bei Zeichen, denen wegen ihres Erscheinungsbildes oder ihres sachlichen bzw. beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion abgeht bzw. Zeichen, deren inhaltliche Aussage sich auf reklamehafte Anpreisung oder Selbstdarstellung beschränkt. Zu diesen Zeichen gehören insbesondere solche, die sich erschöpfen in Angaben über Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, Qualität oder sonstige Merkmale der beanspruchten Produkte oder Qualitätsangaben. (Erw. 3.2 Abs. 1 zweiter Teil)

d) Der allfällig beschreibende Gehalt beurteilt sich aus dem Blickwinkel der massgebenden Verkehrskreise, wobei dieser Gehalt aufgrund des Gesamteindrucks für diese Kreise ohne besonderen Denk- oder Fantasieaufwand unmittelbar erkennbar sein muss. (E. 3.2 Abs. 2 erster Satz i.V.m. E. 3.2 Abs. 3)

e) Mehrdeutige Begriffe sind so auszulegen, wie ihre Bedeutung für die massgebenden Verkehrskreise mit Bezug auf die betroffenen Produkte im Vordergrund steht. (E. 3.2 Abs. 2 a.E.)

f) Der beschreibende Charakter in auch nur einer der schweizerischen Landessprachen genügt für den Ausschluss des Markenschutzes. Gleichzeitig sind auch englisch-sprachige Ausdrücke zu berücksichtigen, wenn sie durch einen nicht unbedeutenden Teil der massgebenden Verkehrskreise verstanden werden. (E. 3.2 Abs. 2 Mitte)

g) Der Markenschutz ist mit Blick auf die konkret beanspruchten Produkte zu prüfen. Dabei führt jedoch der Ausschuss des Schutzes für ein bestimmtes unter einen Oberbegriff fallendes Produkt dazu, dass der Schutz ohne weiteres für den gesamten Oberbegriff zu verweigern ist. (Erw. 3.3 erster Satz i.V.m. E. 6.5 Abs. 1)

h) Die sog. Zweifelsfallregel ist im Rahmen einer gerichtlichen Beurteilung ohne Belang; denn sie dient lediglich auf Stufe des IGE als Hilfestellung bei der Registrierungspraxis. D.h. sie verliert die Relevanz, wenn ein Gericht die Frage beurteilt, ob das strittige Zeichen für die beanspruchten Produkte einzutragen ist. (E. 7 Abs. 1)

2. Subsumtion:

  • Bezüglich der massgebenden Verkehrskreise bestätigt das Gericht, dass die fraglichen Produkte sich an das breite Publikum als Endabnehmer sowie an Fachkreise richten, wobei von einer zumindest leicht erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen sei. (E. 4)
  • Im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass der Begriff «truedepth» durch die massgebenden Verkehrskreise im Sinne von «echte Tiefenschärfe der bildlichen Wiedergabe» verstanden werden kann. Entsprechend anerkennt sie nunmehr, dass dieser Begriff für gewisse Waren wie Mobiltelefone, Smartphones etc. als beschreibend wirkt. (E. 5.2 i.V.m. E. 6.1)
  • Bei einigen Produkten wie Navigationsinstrumenten, Messgeräten, Höhenmessern etc. steht für die massgebenden Verkehrskreise die Bedeutung als «richtige, echte Tiefe» - mithin eine Anpreisung als Qualitätsprodukt – im Vordergrund, weshalb auch diesbezüglich ein Markenschutz ausgeschlossen ist. (E. 6.2 i.V.m. E. 6.3 sinngemäss)
  • In Anwendung der Praxis der Schutzverweigerung für ganze Oberbegriffe, wenn ein nicht schutzfähiges Produkt darunter fällt, bestätigt das BGer in detaillierter Behandlung der betroffenen Waren z.B. für den Oberbegriff «Computer» einen Schutzausschluss, weil dieser Begriff die nicht eintragungsfähige Ware «Tablet-Computer» erfasse. (E. 6.5 Abs. 2 – 4)
  • Mit Blick auf Computerhardware, Taschencomputer und tragbare Computerhardware ist zwar festzuhalten, dass für diese Produkte nicht die bildliche Wiedergabe im Vordergrund steht. Trotzdem erweist sich das Zeichen auch für sie als Beschaffenheitsangabe, da sie ihre Funktion nur im Zusammenhang mit anderen Geräten entfalten. (E. 6.6)

III. Fazit:

Das BGer bestätigt den Ausschluss des Markenschutzes für «TRUEDEPTH» - als beschreibend – für alle Produkte, welche durch die massgebenden Verkehrskreise inhaltlich mit Tiefenschärfe in Verbindung gebracht werden, wobei «true» auch anpreisend als Hinweis auf die Qualität der betroffenen Waren wirke. Gleichzeitig wird die Anwendbarkeit der sog. Zweifelsfallregel für gerichtliche Überprüfungen der Eintragungsfähigkeit verneint.

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