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«PUMA WORLD CUP QATAR 2022» und «PUMA WORLD CUP 2022» sowie «QATAR 2022 (fig.)» und «WORLD CUP 2022 (fig.)» sind nicht schutzfähig

«PUMA WORLD CUP QATAR 2022» und «PUMA WORLD CUP 2022» sowie «QATAR 2022 (fig.)» und «WORLD CUP 2022 (fig.)» sind nicht schutzfähig

Rechtsprechung
Markenrecht

«PUMA WORLD CUP QATAR 2022» und «PUMA WORLD CUP 2022» sowie «QATAR 2022 (fig.)» und «WORLD CUP 2022 (fig.)» sind nicht schutzfähig

4A_518/2021 und 4A_526/2021 v. 6.4.2022

I. Ausgangslage (zusammengefasst)

Am 2. Oktober 2018 und 19. Februar 2019 erfolgten seitens des IGE für die PUMA SE, Deutschland, die zwei Markeneintragungen Nr. 727'955 «PUMA WORLD CUP QUATAR 2022» sowie Nr. 735'189 «PUMA WORLD CUP 2022» für Waren der Klassen 18, 25 und 28, u.a. Sportartikel, Bekleidung und Accessoires. Gegen diese Zeichen erhob die FIFA, Zürich, beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage auf Nichtigkeit für alle durch die beklagtischen Marken beanspruchten Produkte unter Bezugnahme auf ihre Marken Nr. 725'428 «QATAR 2022 (fig.)» sowie Nr. 725'429 «WORLD CUP 2022 (fig.)». Gegen diesen Vorstoss erhob die Puma SE u.a. Widerklage mit dem Begehren, die Zeichen der Klägerin seien ihrerseits für nichtig zu erklären. Mit Urteil vom 31. August 2021 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich sowohl Klage als auch Widerklage ab. Dies im Wesentlichen mit folgender Begründung: Bezüglich der Hauptklage zeige die FIFA nicht hinlänglich, wie die angefochtenen Marken unzutreffende Vorstellungen über einerseits die FIFA und anderseits die PUMA SE mit Bezug auf die Fusball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar zu bewirken vermöchten. Auch erwiesen sich die angefochtenen Zeichen nicht als lauterkeitsrechtlich unzulässig. Die Widerklage sei abzuweisen, weil die klägerischen Zeichen dank ihrer grafischen Gestaltung nicht gemeinfrei seien und die PUMA SE auch nicht genügend dargelegt habe, dass die FIFA keine Gebrauchsabsicht habe und unzulässige Defensivmarken eintragen liess. Gegen dieses Urteil erhoben sowohl die FIFA als auch die PUMA SE Beschwerde in Zivilsachen beim BGer.

Gutheissung der Beschwerde der FIFA betr. Art. 2 Bst. c MSchG sowie Rückweisung an die Vorinstanz für eine Prüfung der auf UWG basierenden Begehren / Gutheissung der Beschwerde bezüglich Widerklage der PUMA SE (Art. 2 Bst. a MSchG)

II. Erwägungen zu den beklagtischen Zeichen unter dem Aspekt von Art. 2 Bst. c MSchG (zusammengefasst / teilweise mit wörtlichem Zitat)

1. Grundsätzliches: 

a) Gemäss Art. 2 Bst. c MSchG gilt insoweit ein absoluter Ausschluss vom Markenschutz für irreführende Marken, als solche Zeichen nicht eintragungsfähig sind. Diese Bestimmung verhindert somit (i) weder den Gebrauch irreführender Zeichen noch (ii) einen irreführenden Gebrauch von an sich korrekten Zeichen; denn diese Verwendungsarten sind z.B. aufgrund von Art. 47 Abs. 3 MSchG oder Art. 1 und 3 Abs. 1 Bst. b UWG zu behandeln. (E. 3.1.1)

b) Die Irreführung im Sinne von Art. 2 Bst. c MSchG beurteilt sich ausschliesslich aufgrund der Frage, ob ein Zeichen objektiv geeignet ist, im Zusammenhang mit den – i.d.R. tatsächlich – gekennzeichneten Produkten aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise einen Sinngehalt zu entwickeln, welcher irreführend sein kann. Dabei genügt auch das Risiko, dass das Zeichen zu einem unrichtigen Rückschluss auf die geschäftlichen Verhältnisse des Markeninhabers führt. (E. 3.1.2)

c) Art. 2 Bst. c MSchG ist insbesondere anwendbar auf Fälle, in denen das fragliche Zeichen (i) auf ein bestimmtes Ereignis von öffentlichem Interesse hinweist und dabei (ii) unzutreffende Erwartungen weckt. (E. 3.1.2 a.E.)

d) Art. 2 Bst. c MSchG wirkt auch als Ausschlussgrund für die Markeneintragung, wenn ein Zeichen neben irreführenden auch Elemente enthält, welche für sich betrachtet als korrekt zu qualifizieren sind. (E. 3.2.1 Abs. 4 zweiter Teil)

2. Subsumtion:

  • Es ist davon auszugehen, dass die schweizerischen Abnehmer von Sportartikeln, Bekleidung sowie Accessoires das Zeichenelement «WORLD CUP QATAR 2022» unmittelbar als Hinweis auf die 2022 in Katar stattfindende Fussball-Weltmeisterschaft verstehen. Analoges gilt angesichts der erheblichen Bedeutung des Fussballsports in der Schweiz und des notorisch ausserordentlich grossen Interesses des Schweizer Publikums an den alle vier Jahre stattfindenden Fussball-Weltmeisterschaften auch für das Zeichenelement «WORLD CUP 2022». (E. 3.2.1 Abs. 1)
  • Gleichzeitig weckt die Verbindung des Zeichenelementes «PUMA» in den beklagtischen Zeichen auf Seite der angesprochenen Verkehrskreise die Erwartung einer besonderen Beziehung der Markeninhaberin zur durch die Klägerin geplanten Fussball-Weltmeisterschaft 2022. (E. 3.2.1 Abs. 2)
  • Die beklagtischen Zeichen schaffen somit bei den schweizerischen Durschnittsabnehmern der gekennzeichneten Produkte der Eindruck, diese stammten aus einem Unternehmen, welches als Hauptsponsor der in Katar stattfindenden Fussball-Weltmeisterschaft agiert, was mit Blick auf die PUMA SE nicht zutrifft, da sie weder offizielle Sponsorin noch Partnerin oder (Mit-) Veranstalterin der Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar ist. (E. 3.2.1 Abs. 2 i.V.m. E. 3.2.2)
  • Es trifft zwar zu, dass die Begriffe «world cup Qatar 2022» sowie «worlt cup 2022» nicht als Hinweis auf Produkte der Klägerin wirken, sondern als beschreibend einzustufen sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Verbindung von «Puma» mit den (beschreibenden) Begriffen auf Seite der angesprochenen Verkehrskreise irreführend im Sinne von Art. 2 Bst. c MSchG wirkt. (E. 3.2.1 Abs. 4 erster Teil sinngemäss)
  • Aufgrund der allein ausschlaggebenden – und vorliegend zu bejahenden – Frage, ob die beiden beklagtischen Zeichen – unabhängig von einer allfälligen konkreten Verwendung – auf Seite der angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr der Irreführung schaffen, erweisen sich diese Marken als gemäss Art. 2 Bst. c MSchG nicht eintragungsfähig. (E. 3.2.2 Abs. 2 i.V.m. E. 3.3)

III. Erwägungen zu den klägerischen Zeichen unter dem Aspekt von Art. 2 Bst. a MSchG (zusammengefasst / teilweise mit wörtlichem Zitat)

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 2 Bst. a MSchG sind zum Gemeingut gehörende Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, sofern sie sich nicht für die beanspruchten Produkte als Marke durchgesetzt haben. (E. 6.2.2 erster Satz)

b) Als zum Gemeingut zählend gelten Marken, welchen (i) aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder eines beschreibenden Gehalts die nötige Unterscheidungskraft fehlt und/oder (ii) welche einem Freihaltebedürfnis unterliegen. (E. 6.2.2 zweiter Satz i.V.m. E. 6.2.2  vierter Satz)

c) Ein beschreibender Zeichencharakter ist insbesondere gegeben, wenn die Marke – so wie sie eingetragen ist und daher ohne Rücksicht auf allfällige Wirkungen des Zeichengebrauchs – sich aus dem Blickwinkel des angesprochene Publikums ohne besondere Denkarbeit oder Fantasieaufwand in Angaben über die Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert oder sonstige Merkmale der gekennzeichneten Produkte erschöpft und somit nicht in der Lage ist, die beanspruchten Produkte von denjenigen ander Anbieter zu unterscheiden. (E. 6.2.2 Mitte sowie a.E.)

d) Freihaltebedürftigkeit liegt vor, wenn der Wirtschaftsverkehr auf die Verwendung des Zeichens angewiesen ist. (E. 6.2.2 dritter Satz)

e) Die Schutzfähigkeit eines Zeichens ist aufgrund aller schweizerischen Landessprachen zu prüfen, wobei jede dieser Sprachen für sich zum Ausschluss führen kann. Englisch-sprachige Ausdrücke sind zu berücksichtigen, wenn ein nicht unbedeutender Teil der massgebenden Verkehrskreise sie versteht. (E. 6.2.2 Mitte)

f) Auf ein Ereignis bezogene Marken (sog. Event-, Ereignis- oder Veranstaltungszeichen) unterliegen denselben – geschweige denn weniger strengen – Kriterien wie andere Zeichen. (E. 6.3.1)

2. Subsumtion:

  • Das Publikum sieht die Wortkombinationen «qatar 2022» sowie «world cup 2022» in Verbindung mit der in diesem Jahr stattfindende Fussball-Weltmeisterschaft und dementsprechend als Beschreibung der Sportveranstaltung selber und nicht als Hinweis auf deren Veranstalter bzw. die Herkunft der damit bezeichneten Produkte. (E. 6.3.2 Abs. 1)
  • An dieser Würdigung ändert die Verwendung eines stilisierten Fussballs an Stelle einer normalen Null in der Jahreszahl nichts; im Gegenteil: Als Hinweis auf die konkret betroffene Sportart verstärkt er noch den beschreibenden Charakter der Marken. (E. 6.3.2 Abs. 2 erster Teil) 
  • Den von der Klägerin hinterlegten Zeichen fehlt es somit an der nötigen Unterscheidungskraft, da sie sowohl für die Sportveranstaltung selber als auch für die beanspruchten, mit der Veranstaltungs-Durchführung zusammenhängenden Waren unmittelbar beschreibend und nicht als Hinweis auf einen Hersteller oder Veranstalter wirken. (E. 6.3.2 Abs. 3 i.V.m. E. 6.4)

IV. Fazit:

Einerseits erweisen sich die durch die FIFA kritisierten Zeichen «PUMA WORLD CUP QATAR 2022» sowie «PUMA WORLD CUP 2022» – entgegen der vorangegangenen Beurteilung durch das Handelsgericht des Kantons Zürich – als nichtig, weil sie beim Publikum den irreführenden Eindruck erwecken, die betroffenen Produkte stammten aus einem Unternehmen, welches als Hauptsponsor der in Katar stattfindenen Fussball-Weltmeisterschaft 2022 agiert. Gleichzeitig erweist sich die Klage für die FIFA als Boomerang in dem Sinne, dass sich auch die Widerklage der PUMA SE durchsetzt: Die FIFA-Zeichen «QATAR 2022 (fig.)» und «WORLT CUP 2022 (fig.)» werden ebenfalls als nichtig erklärt; denn sie wirken als unmittelbar beschreibend im Sinne einer Bezugnahme auf die Sportveranstaltung selber und nicht als Hinweis auf einen Hersteller oder Veranstalter.

iusNet IP 23.06.2022