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Das Karomuster einschliesslich seiner Position auf durch Bally beanspruchten Schuhwaren ist nicht schutzfähig

Das Karomuster einschliesslich seiner Position auf durch Bally beanspruchten Schuhwaren ist nicht schutzfähig

Rechtsprechung
Markenrecht

Das Karomuster einschliesslich seiner Position auf durch Bally beanspruchten Schuhwaren ist nicht schutzfähig

B-6953/2018 v. 7.7.2020

I. Ausgangslage

Am 18. Januar 2018 beantragte die Bally Schuhfabriken AG beim IGE die Eintragung folgender, unter der Nr. 58794/2017 bereits angemeldeten, jedoch vom IGE wegen der Zugehörigkeit des Bildzeichens zum Gemeingut beanstandeten Bildmarke neu als Positionsmarke für «Schuhwaren» der Klasse 25:

Mit Verfügung vom 6. November 2018 wies das IGE dieses Markeneintragungsgesuch ab mit der Begründung, das Zeichen sei nicht unterscheidungskräftig und zähle zum Gemeingut. Gegen diesen Entscheid erhob die Bally Schuhfabriken AG am 7. Dezember 2018 Beschwerde beim BVGer.

Abweisung der Beschwerde

II. Erwägungen unter dem Aspekt des Gemeingutcharakters

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 2 Bst. a MSchG sind Zeichen des Gemeinguts vom Markenschutz ausgeschlossen, sofern sie sich nicht im Verkehr als Marke für bestimmte (beanspruchte) Produkte durchgesetzt haben. (E. 3.2 erster Satz)

b) Als Gemeingut gelten Zeichen die (i) mangels Unterscheidungskraft nicht zur Identifikation von Produkten bzw. als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft taugen oder solche, die (ii) für den Wirtschaftsverkehr freizuhalten sind. (E. 3.2 zweiter Satz)

c) Die verlangte Unterscheidungskraft fehlt, wenn ein Zeichen (i) entweder von Anfang an (d.h. originär) nicht auf ein bestimmtes – wenn auch dem Publikum nicht zwingend namentlich bekanntes – Unternehmen hinweist noch (ii) noch dank Verkehrsdurchsetzung (derivativ) die Funktion eines solchen Hinweises erlangt hat. Freihaltebedürftig sind Zeichen, auf deren Verwendung der Wirtschaftsverkehr angewiesen ist. (E. 3.2 zweiter Teil)

d) Die Gemeinfreiheit muss das Zeichen in seiner Gesamtheit prägen; ein isolierter gemeinfreier Bestandteil wirkt daher nicht bereits schädlich. (E. 3.3 Mitte)

e) Zum Gemeingut zählen insbes. auch geometrische Grundformen, Teile davon oder ihre dreidimensionalen Entsprechungen; denn sie kommen häufig auf Waren oder deren Verpackung vor. (E. 3.3 erster Satz)

f) Als Positionsmarke gilt ein Zeichen, welches auf einer Ware gleichbleibend in konstanten Grössenverhältnissen und stets an derselben Position erscheint. Es stellt eine Kombination dar zwischen (i) dem Zeichen an sich (sog. Positionselement bzw. Basiszeichen), (ii) einer bestimmten Position auf der betroffenen Ware (Warenposition genannt [Stichwort: Positionsstärke]) und schliesslich (iii) dem Grössenverhältnis zwischen Zeichen und Ware. (E. 3.5 i.V.m. E. 5.1.1)

g) Die Positionsmarke (als Kennzeichen) ist im Rahmen der Prüfung ihrer Unterscheidungskraft – aus dem Blickwinkel der massgebenden Verkehrskreise einschliesslich ihres Aufmerksamkeitsgrades – zu unterscheiden von der Wahrnehmung als entweder technisch bedingtes Element oder als blosse Zierde. (E. 3.5 a.E. i.V.m. E. 3.6)

h) Bei der Frage nach der Unterscheidungskraft einer Positionsmarke sind folgende Regeln zu beachten: (i) bei überwiegend zweidimensionalen Elementen des Zeichens gelten die für Bildmarken entwickelten Grundsätze; (ii) bei überwiegend dreidimensionalen Elementen sind die für Formmarken geltenden Prinzipien relevant. (E. 5.1.4)

i) Die verlangte Unterscheidungskraft setzt bei Formmarken voraus, dass das fragliche Zeichen erheblich von der Norm und der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb seine herkunftsbezeichnende Funktion erfüllen können. (E. 5.1.6)

j) Bei der Frage nach der sog. Positionsstärke (vgl. Bst. f/ii hievor) ist zu beachten, dass ein grundsätzlich schutzunfähiges Zeichen keinen Schutz erlangt, wenn es beliebige Einfärbungen oder grafische Gestaltungen oder eine beliebige Position aufweist. Vielmehr müsste die Warenposition (i) entweder besonders auffallend, unerwartet oder ungewöhnlich sein oder (ii) eine Kennzeichnungsgewohnheit erlangt haben mit der Folge, dass die Position als Herkunftshinweis verstanden werden kann. (E. 5.3.3)

k) Im Verhältnis zu Wort- und Bildmarken gelten für Positionsmarken strengere Regeln. Zum einen weisen Wort- und Bildmarken oft eine Vielzahl von unterscheidungskräftigen Formen auf, weshalb sie einen breiteren Schutz geniessen. Dazu kommt, dass die Existenzberechtigung von Positionsmarken nur darauf beruht, dass ein an sich nicht unterscheidungskräftiges Basiszeichen erst durch die Positionierung auf einem Warenteil die Wirkung eines Herkunftshinweises erlangt. (E. 6.4)

2. Subsumtion:

  • Die hier massgebenden Verkehrskreise setzen sich mit Blick auf die in Rede stehenden Schuhwaren der Klasse 25 zusammen aus dem breiten Publikum mit leicht erhöhter Aufmerksamkeit. (E.4)
  • Vorliegend sind die Regeln zu den Formmarken anzuwenden; denn die Positionsmarke stellt einen untrennbaren Teil der Schuhware als Trägerobjekt selber dar bzw. das Positionszeichen fällt mit dem Erscheinungsbild der dreidimensionalen Ware selber zusammen. (E. 5.1.5 zweiter Teil)
  • Mit Blick auf die fraglichen Schuhwaren stellt das Gericht Folgendes fest:
    • Das fragliche Basiszeichen entfaltet keine originäre Unterscheidungskraft; denn Schuhwaren werden aus ästhetischen Gründen sehr vielfältig ausgestaltet, wobei neben diversen andern Mustern auch das Schachbrett verwendet wird. (E. 5.2.3 - insbes. E. 5.2.6)
    • Hinsichtlich der Positionsstärke und dabei insbes. Kennzeichnungsgewohnheit wird nach ausführlicher Argumentation schliesslich gesagt, in einer Gesamtbetrachtung würden Basiszeichen und Warenposition bzw. werde das Positionszeichen durch die massgebenden Verkehrskreise – selbst bei Annahme einer leicht erhöhten Aufmerksamkeit – lediglich als Gestaltungsvariante zur Zierde von Schuhwaren und nicht als Kennzeichen aufgefasst. (E. 5.3.3 – insbes. 5.4 Mitte)
  • Damit geht der fraglichen Marke infolge des Mangels an originärer Unterscheidungskraft, welcher auch nicht durch die beanspruchte Positionierung überwunden werden kann, eine rechtliche geschützte Herkunfts- und Unterscheidungsfunktion ab. (E. 5.4 a.A. und a.E.)
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