iusNet Intellectual Property

Schulthess Logo

Intellectual Property > Rechtsprechung > Bund > Markenrecht > Das Zeichen «apple» Ist Angesichts Seines Bezugs Auf das

Das Zeichen «APPLE» ist angesichts seines Bezugs auf das weltberühmte Unternehmen «APPLE» für sämtliche beanspruchten Waren marktschutzfähig

Das Zeichen «APPLE» ist angesichts seines Bezugs auf das weltberühmte Unternehmen «APPLE» für sämtliche beanspruchten Waren marktschutzfähig

Rechtsprechung
Markenrecht

Das Zeichen «APPLE» ist angesichts seines Bezugs auf das weltberühmte Unternehmen «APPLE» für sämtliche beanspruchten Waren marktschutzfähig

4A_503/2018 v. 9.4.2019

I. Ausgangslage

Am 25. März 2013 stellte die us-amerikanische Apple Inc. (nachfolgend Bf) beim IGE das Gesuch um Zulassung ihres Zeichens APPLE für die Dienstleistungen gemäss Klasse 37 sowie für diverse Waren der Klassen 14 und 28. Im Rahmen einer anschliessenden Korrespondenz liess das IGE mit Verfügung vom 13. September 2016 die verlangte Eintragung zu, mit Ausnahme derjenigen für einen Teil der beanspruchten Waren pro Klasse 14 und 28. Mit Bezug auf diesen Teil der Waren führte es u.a. aus, das durch die Verkehrskreise mit "Apfel" übersetzte Zeichen beschreibe den thematischen Inhalt und/oder die Ausstattung dieser Produkte und werde nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Im Zusammenhang mit Schmuck, Uhren und Spielzeug sei der Apfel als Form, Motiv und dreidimensionale Ausstattung nicht unerwartet. Hinsichtlich der beanspruchten Spielwaren sei der Apfel ein mögliches Thema. Gegen diesen Entscheid erhob die Bf Beschwerde beim BVGer, welche mit Urteil vom 24. Juli 2018 zu einer teilweisen Gutheissung führte. Zur Begründung erwog das BVGer u.a., für gewisse der in Klasse 14 beanspruchten Waren (Uhren, Medaillen, Skulpturen etc.) sei die Apfelform und damit das Zeichen APPLE nicht allgemein üblich; es könne daher nicht als Ausstattungshinweis qualifiziert werden, weshalb ihm die nötige Unterscheidungskraft bzw. Eintragungsfähigkeit zu attestieren sei. Für die andern beanspruchten Waren erkannte das Gericht mit detaillierten Begründungen für die betroffenen Klassen und Waren auf das Fehlen der Eintragungsfähigkeit, wobei der beschreibende Charakter als Ausstattungshinweis im Vordergrund stand. Gegen dieses Urteil führte die Bf Beschwerde beim BGer.

Gutheissung der Beschwerde

II. Erwägungen unter dem Aspekt von Gemeingut

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 2 Bst. a MSchG sind dem Gemeingut zugehörige Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, sofern sie sich für die beanspruchten Produkte nicht als Marke durchgesetzt haben. Der Grund für die Schutzunfähigkeit als Gemeingut liegt (i) entweder in einem Freihaltebedürfnis oder (ii) im Fehlen einer Unterscheidungskraft des Zeichens, wobei Überschneidungen möglich sind. (E. 2.3.1)

b)  Die Schutzvoraussetzungen eines Zeichens sind aufgrund von dessen Anmeldung durch den Hinterleger zu prüfen, d.h. die Auswirkungen eines bereits erfolgten oder künftigen Zeichengebrauchs auf die Wahrnehmung durch die massgebenden Verkehrskreise bleiben ausser Betracht. Dabei ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den das Zeichen bei den massgebenden Verkehrskreisen in der Erinnerung hinterlässt. (E. 2.3.1 i.V.m. E. 2.3.2 a.A.)

c) Die Unterscheidungskraft fehlt einem Zeichen, wenn es (i) aufgrund seines Erscheidungsbildes oder (ii) wegen seines sachlichen bzw. beschreibenden Gehalts die markenspezifische Unterscheidungsfunktion nicht erfüllt. Dies ist insbes. der Fall, wenn das Zeichen sich in Angaben über die Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert oder sonstige Merkmale der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erschöpft. Dabei muss der erwähnte nur beschreibende Gehalt für die massgebenden Verkehrskreise ohne besondere Denkarbeit und Fantasieaufwand unmittelbar erkennbar sein. (E. 2.3.1)

d) Als originär unterscheidungskräftig gilt ein Zeichen, wenn es aufgrund einer minimalen ursprünglichen Unterscheidungskraft geeignet ist, die mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu individualisieren. D.h. das Zeichen muss aus sich selbst heraus und unabhängig von seinem Gebrauch geeignet sein, die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers von denjenigen anderer Abieter zu unterscheiden. (E. 2.3.1)

e)  Hat ein Wort bei abstrakter Betrachtung mehrere Bedeutungen, ist für die Beurteilung des Zeichens von der Bedeutung auszugehen, welche aus Sicht der massgebenden Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten im Vordergrund steht. (E. 2.3.2 Abs. 2)

f)  Der Sinngehalt von Wörtern unterliegt dem Wandel der Sprache, wobei das tatsächliche aktuelle Verständnis durch die massgebenden Verkehrskreise im Zeitpunkt des Eintragungsverfahrens entscheidend ist. (E. 2.3.2 Abs. 2)

g)  Wird ein Wort durch die massgebenden Verkehrskreise im aktuellen Sprachgebrauch nicht mehr im – zumeist entscheidenden – lexikalischen Sinn, sondern primär als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden, ist dies im Eintragungsverfahren zu berücksichtigen. (E. 2.3.2 Abs. 2 a.E.)

h) Englisch-sprachige Ausdrücke in einem Zeichen sind zu berücksichtigen, wenn sie von einem nicht unbedeutenden Teil der massgebenden Verkehrskreise verstanden werden. (E. 2.3.1)

2. Subsumtion:

  • Als massgebender Verkehskreis gilt im vorliegenden Fall (unbestrittenermassen) das breite Publikum. (E. 2.3.3 a.A.)
  • Die Bf macht geltend, (auch) bei abstrakter Betrachtung – d.h. unabhängig von Begleitumständen jeder Art – ihres Zeichens sei eine Wandlung im Sinngehalt von «APPLE» im allgemeinen Sprachgebrauch in der Schweiz zu berücksichtigen. (E. 2.3.2 Abs. 1 a.E.)
  • Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Wort des allgemeinen Sprachschatzes in ausserordentlichen Ausnahmefällen so mit einer Unternehmung in Verbindung gebracht wird, dass dieses den Sinngehalt des Wortes (mit-) bestimmt. (E. 2.3.2 Abs. 2 a.E.)
  • «APPLE» wird aufgrund des notorisch überragenden Bekanntheitsgrades als eine der bekanntesten Marken der Welt und allgemein bekannte Firmenbezeichnung durch den Durchschnittskonsumenten unmittelbar als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden. Daran ändert auch nichts, dass ein erheblicher Teil des Schweizer Publikums die Bedeutung des englisch-sprachigen Wortes «Apple» in seiner Übersetzung als «Apfel», «pomme» oder «mela» kennt. (E. 2.3.3 Abs. 1)
  • Entgegen den Erwägungen der Vorinstanz gilt Obiges auch im Zusammenhang mit elektronischen Spielen, handbetätigten und elektronischen Computerspielen, Videospielen, interaktiven Spielen und interantivem Computerspielzeug und den übrigen (durch das BGer einzeln aufgeführten) Waren der Klassen 14 sowie 28. (E. 2.3.3 Abs. 1)
  • Da «APPLE» für die beanspruchten Waren im vorliegenden Zusammenhang weder als «Apfel» bzw. als Hinweis auf Gestalt, Form oder Inhalt von Äpfeln verstanden wird, sondern unmittelbar als Hinweis auf die Bf, sind auch die Erwägungen des BVGer zum (relativen) Freihaltebedürfnis nicht haltbar. (E. 2.3.3 Abs. 2)

III. Fazit

Das BGer gelangt zum Schluss, das BVGer habe gestützt auf ein unzutreffendes Zeichenverständnis den Markenschutz (auch) für den im Verfahren noch strittigen Teil der Waren zu Unrecht verweigert. (E. 2.3.3 Abs. 3)

iusNet IP 23.06.2019