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«Capri Sun» setzt sich gegen «Prisun» nicht durch

«Capri Sun» setzt sich gegen «Prisun» nicht durch

Rechtsprechung
Markenrecht

«Capri Sun» setzt sich gegen «Prisun» nicht durch

B-4104/2021 v. 5.12.2022

I. Ausgangslage (zusammengefasst / teilweise mit wörtlicher Wiedergabe)

Am 5. Oktober 2020 wurde die Schweizer Wortmarke Nr. 752'941 «Prisun» für die irische International Beer Breweries Ltd. sowie die deutsche Eckes-Granini-Group GmbH im Swissreg publiziert u.a. für Biere, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte und alkoholfreie Fruchtnektare der Klasse 32. Gegen dieses Zeichen erhob die Capri Sun AG, Zug, Widerspruch unter Berufung auf ihre Schweizer Wortmarke Nr. 756'700 «Capri Sun» mit Beanspruchung von «Fruchtsaftgetränke, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte und Fruchtnektare» der Klasse 32. Mit Entscheid vom 15. Juli 2021 wies das IGE diesen Widerspruch ab. Dies – unter Offenlassung der Frage einer erhöhten Bekanntheit der Widerspruchsmarke – im Wesentlichen, weil die Waren zwar teilweise gleich oder gleichartig seien, jedoch die Zeichen sich ausreichend unterschieden in Schriftbild und Sinngehalt. Gegen diese Verfügung erhob die Capri Sun AG am 14. September 2012 Beschwerde beim BVGer.

Abweisung der Beschwerde

II. Erwägungen unter dem Aspekt der Verwechslungsgefahr (Auszug / teilweise mit wörtlicher Wiedergabe)

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 Bst. c MSchG ist der Markenschutz u.a. ausgeschlossen, wenn – aus dem Blickwinkel der massgebenden Verkehrskreise und ihrer Aufmerksamkeit – (i) zwischen zwei Marken Zeichenähnlichkeit und (ii) mit Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen Produkteähnlichkeit besteht, sodass eine Verwechslungsgefahr entsteht. Gleichzeitig ist (iii) die Kennzeichnungskraft bzw. der Schutzumfang der älteren bzw. der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen. (E. 2.1 erster Teil i.V.m. E. 2.3 sowie E. 2.4)

b) Mit Bezug auf Massenartikel des täglichen Gebrauchs ist hinsichtlich einer allenfalls besonders drohenden Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, dass diese Produkte mit weniger Aufmerksamkeit nachgefragt werden. Als Kriterien dazu dienen (i) die Häufigkeit des Konsums und (ii) die Zusammensetzung der massgebenden Verkehrskreise. (E. 2.4 sinngemäss)

c) Zwischen Zeichen- und Produkteähnlichkeit besteht eine Wechselwirkung; denn die Produkteähnlichkeit muss um so kleiner ausfallen, je grösser die Zeichenähnlichkeit ist, und umgekehrt muss die Zeichenähnlichkeit um so kleiner ausfallen, je grösser die Produkteähnlichkeit ausfällt. (E. 2.1 zweiter Teil sinngemäss)

d) Die Zeichenähnlichkeit beurteilt sich aufgrund des Gesamteindrucks, den die Markeneinträge in der Erinnerung der massgebenden Verkehrskreise hinterlassen. (E. 2.2 erster Teil)

e) Bei reinen Wortmarken gelten als Kriterien der Zeichenähnlichkeit: (i) Wortklang (v.a. Silbenzahl, Aussprachekadenz und Vokalabfolge / mit Betonung auf den besonders einprägsamen Wortanfang), (ii) Schriftbild (Wortlänge und optische Wirkung der Buchstaben) und (iii) gegebenenfalls Sinngehalt. Dabei genügt i.d.R. eine relevante Übereinstimmung im Rahmen eines dieser Kriterien. (E. 2.2 zweiter Teil)

f) Für den Wortklang ist von grosser Bedeutung, in welcher Sprache ein Zeichen ausgesprochen wird. (E. 6.2.2 erster Satz)

g) Direkte geografische Angaben in einem Zeichen haben gemäss jüngerer Praxis keinen irreführenden Charakter, wenn sie eine korrekte Nutzung der Marke ermöglichen. (E. 6.3.2 erster Teil)

h) Die Kennzeichnungskraft bzw. Schutzumfang oder Unterscheidbarkeit einer Widerspruchsmarke (vgl. dazu Bst. a/iii hievor) ergibt sich aus der Stärke oder Schwäche derselben. (E. 2.3 erster Teil)

i) Als schwach gelten insbes. Marken, deren prägende Elemente beschreibenden Charakter aufweisen. Stark ist demgegenüber ein Zeichen als Resultat einer schöpferischen Leistungen oder langer Aufbauarbeit. (E. 2.3 zweiter Teil)

2. Subsumtion:

  • Als Waren des täglichen Bedarfs richten sich die vorliegend betroffenen Getränke an breite Verkehrskreise mit geringerer Aufmerksamkeit, weshalb eine Verwechslungsgefahr besonders nahe liegt. (E. 4.2)
  • Hinsichtlich Produkteähnlichkeit ist mit Bezug auf die beanspruchten Produkte von Gleichartigkeit auszugehen. (E. 5.2)
  • Eine relevante Zeichenähnlichkeit wird (auch) durch das Gericht verneint (vgl. E. 8), wobei folgende Argumente im Vordergrund stehen:
    • Im Wortklang besteht eine relativ weit entfernte Gleichartigkeit. Zum einen wird die Widerspruchsmarke wohl als Mischung aus Italienisch für «Capri» und Englisch für «Sun» ausgesprochen. Mangels Wortbedeutung bedeutet das «u» in «Prisun» demgegenüber ein klassisches deutsch-sprachiges «u» und nicht ein solches der englischen Sprache. Nur in der Silbe «pri» besteht somit eine gewisse Ähnlichkeit. (E. 6.2.2)
    • Im Schriftbild resultiert ebenfalls nur eine entfernte Zeichenähnlichkeit. Zwar enthalten beide Marken mit «prisun» eine Abfolge identischer sechs Buchstaben. Indessen weist die Widerspruchsmarke die zwei klar identifizierbaren Worte «Capri» und «Sun» auf. (E. 6.1.2)
    • Im Sinngehalt entfalten die Zeichen eine lediglich sehr entfernte Ähnlichkeit, die zudem nur einen Teil der massgebenden Verkehrskreise betrifft. Die Kombination von «Capri» und «Sun» der Widerspruchsmarke kann als geografische Angabe zusammen mit dem englisch-sprachigen Wort «sun» über mehrere Gedankenschritte hinweg als Assoziation mit Sonne, Ferien, Meer und Frische verstanden werden. Demgegenüber könnte höchstens allenfalls ein Teil der massgebenden Verkehrskreise in «prisun» einen englisch-sprachigen Ausdruck erblicken, welcher zudem in einer Kombination von «sun» (Sonne) und «pre» (nahe) kaum mit den beanspruchten Produkten, sondern mit kosmetischen presun Hautbräunungs-Beschleunigern in Zusammenhang gebracht würde. (E. 6.3.3)
  • Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird als normal eingestuft. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft wird durch die eingereichten Dokumente nicht glaubhaft gemacht, zumal die geografische Angabe gemäss jüngerer Praxis (vgl. dazu Ziff. 1/g hievor) unbeachtlich bleibt. (E. 7.1 i.V.m. E. 7.4 – 7.4.4)
  • In der abschliessenden Gesamtwürdigung schliesst (auch) Gericht mangels relevanter Zeichenähnlichkeit und angesichts nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf eine fehlende Verwechslungsgefahr. (E. 8)

III. Fazit

Insbesondere mit detaillierter Auseinandersetzung bezüglich fehlender Glaubhaftmachung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestätigt das Gericht letztlich eine fehlende relevante Verwechslungsgefahr. Zwar ist eine Produkte-Gleichartigkeit gegeben, jedoch fehlt es an einer ausreichenden Zeichenähnlichkeit. 

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