iusNet Intellectual Property

Schulthess Logo

Intellectual Property > Rechtsprechung > Bund > Markenrecht > Eintragungsfähigkeit Einer Internationalen Registrierung Dank

Eintragungsfähigkeit einer internationalen Registrierung dank Unterscheidungskraft des Zeichens

Eintragungsfähigkeit einer internationalen Registrierung dank Unterscheidungskraft des Zeichens

Rechtsprechung
Markenrecht

Eintragungsfähigkeit einer internationalen Registrierung dank Unterscheidungskraft des Zeichens

I. Ausgangslage 

Die deutsche Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG ist Inhaberin der internationalen Registrierung Nr. 1‘189‘776 NORMA (fig.), die Deutschland als Ursprungsbehörde aufweist. Sie beansprucht in der Schweiz den Schutz für zahlreiche Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 4, 5, 9, 11, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 42. Mit Entscheid vom 18. Februar 2016 verweigerte das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (nachfolgend IPI) die internationale Registrierung Nr. 1‘189‘776 – NORMA (fig.) für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen in der Schweiz. Das IPI betründete dies einerseits mit der fehlenden konkreten Unterscheidungskraft des Zeichens, weshalb es zum Gemeingut gehöre. Anderseits machte es bezüglich der von der Gesuchstellerin angerufenen Gleichbehandlungspflicht geltend, die von der Gesuchstellerin erwähnten Voreintragungen seien nicht in allen relevanten Hinsichten mit dem vorliegend zu prüfenden Zeichen vergleichbar, weshalb sich aus diesen Voreintragungen nichts zugunsten des vorliegenden Zeichens ableiten lasse.

II. Erwägungen unter dem Aspekt der (originären) Unterscheidungskraft 

  • Nach Art. 5 Abs. 1 des Protokolls vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMP) in Verbindung mit Art. 6quinquies lit. b Ziff. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ) darf die Schweiz einer international registrierten Marke den Schutz unter denselben inhaltlichen Kriterien verweigern, wie sie in Art. 2 lit. a MSchG verankert sind. Lehre und Praxis zu dieser Bestimmung, die Zeichen des Gemeingutes den Schutz verweigert, sofern sie sich nicht als Marke für Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, können somit im vorliegenden Fall herangezogen werden. (E 2)
  • Als Gemeingut nach Art. 2 lit. a MSchG vom Markenschutz ausgeschlossen sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere Zeichen, die sich in Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert oder sonstige Merkmale der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen erschöpfen und daher die zu deren Identifikation erforderliche Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft nicht aufweisen. (E 3)
  • Für die Frage der (konkreten) Unterscheidungskraft ist die Sichtweise sowohl des breiten Publikums als auch der Fachkreise –  als betroffene Verkehrskreise – , an die sich die Waren und Dienstleistungen der geltend gemachten Klassen wenden, massgebend. Für die Beurteilung eines allfälligen Freihaltebedürfnisses ist demgegenüber die Sichtweise von Unternehmen entscheidend, welche gleiche oder ähnliche Dienstleistungen anbieten. (E 4 letzter Abs.)
  • Hinsichtlich der Unterscheidungskraft entscheidend ist nicht eine abstrakte Betrachtung, sondern die Frage, ob das Zeichen von den betroffenen Verkehrskreisen im konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen als beschreibend betrachtet wird. Dabei ist die Eintragung auch dann zu verweigern, wenn sie aus Sicht der massgeblichen Verkehrskreise auch nur nach einer der vier schweizerischen Landessprachen schutzunfähig ist. (E 5.3)
  • Obschon das Gericht den Fall im Rahmen einer Verwaltungsbeschwerde behandelt (vgl. E 1), prüft es die Frage nach der allfälligen Verkehrsdurchsetzung aufgrund der Dispositionsmaxime nicht, weil die Beschwerdeführerin dieses Thema nicht aufgebracht habe. Zu prüfen sei daher ausschliesslich, ob dem Zeichen originäre Unterscheidungskraft zukomme. (E 5.4.2 Abs. 2)
  • Ein mit „NORMA“ gekennzeichnetes Produkt respektive eine so angepriesene Dienstleistung gibt dem Konsumenten zu verstehen, dass es um ein der Norm bzw. dem Standard entsprechendes Angebot geht. Somit beschreibt „NORMA“ eine Eigenschaft von Waren oder Dienstleistungen, weshalb dem strittigen Zeichen keine Unterscheidungskraft zukommt. (E 5.5.2 Abs. 4 i.V.m. E 5.4.3 – 5.5.2 Abs. 1 – 3) 
  • Ein Wort, das Gemeingut darstellt, kann mittels einer unterscheidungskräftigen grafischen Gestaltung, welche dem Gesamtzeichen eine originelle, typische Ausgestaltung verleiht, zu einer schutzfähigen Wort-/Bildmarke kombiniert werden. Bei kombinierten Zeichen ist vorweg der Sinn- und Ausdrucksgehalt der einzelnen Zeichenelemente zu ermitteln und daraufhin zu beurteilen, welchen Eindruck schliesslich die Kombination der einzelnen Elemente als Ganzes erweckt und ob das Zeichen als Ganzes betrachtet unterscheidungskräftig wirkt. (E 6.3)
  • Das Zeichen „NORMA (fig.)“ ist infolge einer Mehrfachkombination auffälliger Farben besonders einprägsam. Auch kann die grafische Ausgestaltung nicht als etikettenhafte Gestaltung bezeichnet werden. Aufgrund der grafischen Ausgestaltung ist dieses Zeichen als solches mit originärer Unterscheidungskraft eintragungsfähig. Dementsprechend ist die Beschwerde der Norma Lebensmittelfilialbetrieb Stiftung & Co. KG gutzuheissen (E 6.4, E 6.5 und E 7).
iusNet IGR 26.06.2018