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Der Importeur von Waren mit Helvetia-Symbolen oder falschen geografischen Hinweisen riskiert Einziehung und Tragung von Verfahrenskosten

Der Importeur von Waren mit Helvetia-Symbolen oder falschen geografischen Hinweisen riskiert Einziehung und Tragung von Verfahrenskosten

Rechtsprechung
Markenrecht

Der Importeur von Waren mit Helvetia-Symbolen oder falschen geografischen Hinweisen riskiert Einziehung und Tragung von Verfahrenskosten

6B_1328/2019 v. 14.10.2020

I. Ausgangslage

Die A.___GmbH liess sich durch die C.___ diverse Haushaltgegenstände (Messer-, Pfannen- und Bestecksets) sowie Werkzeugmaterial (Werkzeugtrolleys mit Inhalt) in die Schweiz zustellen. Dabei wurden diese Waren bei der Einfuhr beschlagnahmt und gegen die A.___GmbH eine Strafuntersuchung u.a. wegen unlauteren Wettbewerbs (Art. 23 UWG), Widerhandlung gegen das Wappenschutzgesetz (Art. 25 WSchG) und Gebrauchs unzutreffender Herkunftsangaben (Art. 64 MSchG) eröffnet. Zum Thema der Einziehung und Vernichtung sowie Kostensprache erhob die A.___GmbH (nachfolgend auch Bf) erfolglos Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft. Dabei argumentierte das Gericht u.a., auf der Verpackung der Bestecksets angebrachte rote Quadrate lehnten sich an die Bildmarke eines bekannten Qualitätsherstellers an, weshalb das fragliche Bildzeichen erwartbar mit der markenrechtlich registrierten Qualitätsmarke in Verbindung gebracht werde. Zudem handle es sich um ein Bildzeichen nach Art. 7 WSchG. Diesen Entscheid zog die Bf an das BGer weiter.

Abweisung der Beschwerde

II. Erwägungen betr. Wappenschutzgesetz

1. Grundsätzliches:

a)  Gemäss Art. 7 WSchG gelten als nationale Bildzeichen sämtliche Zeichen, welche sich auf nationale Symbole wie (u.a.) Wahrzeichen der Schweiz beziehen. (E. 1.4 Abs. 2 erster Satz)

b) Gemäss Art. 28 Abs. 1 WSchG macht sich u.a. strafbar, wer vorsätzlich und unrechtmässig mit nach diesem Gesetz geschützten öffentlichen Zeichen – des In- oder Auslandes – gekennzeichnete Gegenstände einführt. (E. 1.2 Mitte)

2. Subsumtion:

a) Bezüglich Besteck- und Pfannensets:

  • Die Anbringung eines Helvetia-Symbols auf der Verpackung der Bestecksets stellt ohne Zweifel einen – beabsichtigten – Sinnbezug auf ein Symbol gemäss Art. 7 WSchG dar. (E. 1.4 Abs. 2 erster Teil)
  • Die Frage einer irreführenden Anlehnung an die Bildmarke eines Qualitätsherstellers kann offen bleiben; denn der unbefugte Aufdruck einer Helvetia auf der Verpackung der Bestecksets genügt für eine Strafbarkeit nach Art. 7 und 28 Abs. 1 Bst. a WSchG. (E. 1.3.1 Abs. 2)

III.     Erwägungen betr. Markenschutz bzw. unzutreffende Herkunftsangabe

1. Grundsätzliches:

a) Als Herkunftsangaben gemäss Art. 47 Abs. 1 MSchG gelten u.a. direkte oder indirekte Hinweise auf die geografische Herkunft von Produkten. (E. 1.2 zweiter Satz)

b) Nicht als Herkunftsangaben gelten geografische Namen und Zeichen, die durch die massgebenden Verkehrskreise nicht als Hinweis auf eine bestimmte Herkunft von Waren verstanden werden. (E. 1.4 Abs. 2 a.E.)

c) Gemäss Art. 64 Abs. 1 MSchG macht sich u.a. strafbar, wer eine unzutreffende Herkunftsangabe gebraucht. (E. 1.2 erster Satz)

2. Subsumtion

a) Betr. Besteck- und Pfannensets:

Insgesamt ergibt (u.a.) die Anbringung eines Helvetia-Symbols zusammen mit dem Produktnamen «Arosa» auf der Transportverpackung für Kochtöpfe eindeutig eine irreführende Bezeichnung der eingezogenen Objekte als von schweizerischer Herkunft. (E. 1.4 Abs. 2 zweiter Teil)

b) betr. Messersets:

Die Häufung der durch die Vorinstanz festgestellten Attribute im Sinne irreführender Herkunftsangaben (z.B. «Damaskus») weist zumindest indirekt auf eine bestimmte geografische Herkunft hin. (E. 1.5 Abs. 2)

c) Betr. Werkzeugtrolleys:

Auch hier (vgl. bereits Bst. b hievor betr. Messersets) liegen angesichts der Verwendung der Bezeichnung «Germany» – auf den Produkten und/oder auf Prospekten – zumindest indirekte Hinweise auf eine bestimmte geografische Herkunft vor. (E. 1.6)

IV.     Erwägungen betr. Verhältnismässigkeit der Einziehung

Zwar sind nicht alle Hinweise auf eine bestimmte, unzutreffende Herkunft untrennbar mit den Kernprodukten als solchen verbunden. Zum einen spricht jedoch die Häufung von offensichtlich bezüglich Herkunft und Wertigkeit der Waren irreführenden Produktattributen gegen die Annahme blosser «Ausrutscher». Und zum andern besteht angesichts der durchgängig rechtswidrigen Merkmale der importierten Waren keine Gewähr, dass sie doch noch – in veränderter Weise – korrekt in Verkehr gebracht würden. (E. 2)

V. Erwägungen betr. Kostentragung der Einziehung

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 426 Abs. 2 StPO können einer beschuldigten Person trotz Einstellung des Verfahrens die Verfahrenskosten – ganz oder teilweise – auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert haben. Dies entspricht einer den zivilrechtlichen Grundsätzen angenäherten Haftung für fehlerhaftes Verhalten im Sinne einer Mehrbeanspruchung der Untersuchungsorgane. (E. 3.2.2 Abs. 1 erster Teil)

b) Das Verhalten eines Angeschuldigten gilt im vorliegenden Zusammenhang als widerrechtlich, wenn es in klarer Weise gegen Normen der Rechtsordnung verstösst, welche ihn zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichten. (E. 3.2 Abs. 1 Mitte)

c) Die einem Angeschuldigten trotz Einstellung des Verfahrens auferlegten Kosten müssen adäquat kausal auf das zivilrechtlich vorwerfbare Verhalten zurückzuführen sein. (E. 3.2 Abs. 1 a.E.)

2. Subsumtion:

Aufgrund der Ausführungen gemäss Ziff. II und V hievor bestätigt das BGer ohne weiteres ein widerrechtliches und in zivilrechtlichem Sinne schuldhaftes Verhalten der Bf. (E. 3.2 Abs. 2 sinngemäss)

 

Hinweis der Redaktion:

Ein Argument der Bf ging in diesem Zusammenhang dahin, in der wirtschaftlichen Realität könne nicht verlangt werden, dass sie beim Import jeder einzelnen Lieferung die Ware schon im Herstellungsland begutachte und die Verpackung beim Versand entsprechend kontrolliere.

Diesem Einwand hielt die Vorinstanz entgegen, es liege eine grobe Fahrlässigkeit des Importeurs vor, wenn er Produkte, welche er zwecks Weiterverkaufs in die Schweiz einführt, nicht auf allfällige Verstösse gegen geltendes Recht überprüfe.

Das BGer ist auf diese Kontroverse nicht spezifisch eingegangen und scheint demnach der Vorinstanz zu folgen (vgl. die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde).

iusNet IP 22.02.2021