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Das Zeichen «Brasserie Federal» mit Schweizerkreuz im Zürcher HB darf mangels schutzwürdigen Interesses nicht weitergeführt werden

Das Zeichen «Brasserie Federal» mit Schweizerkreuz im Zürcher HB darf mangels schutzwürdigen Interesses nicht weitergeführt werden

Rechtsprechung
Markenrecht

Das Zeichen «Brasserie Federal» mit Schweizerkreuz im Zürcher HB darf mangels schutzwürdigen Interesses nicht weitergeführt werden

B-6343/2019 v. 19.8.2020

I. Ausgangslage

In einer Korrespondenz mit dem IGE machte die Candrian Catering AG die Weiterbenützung ihres Zeichens «Brasserie Federal (fig.)» (Schweizer Marke Nr. P-536'856) geltend mit der hauptsächlichen Begründung, die Brasserie Federal sei ein seit 25 Jahren bestehendes etabliertes Schweizer Traditionsunternehmen und könne als Wahrzeichen von Zürich bezeichnet werden.

Mit Verfügung vom 4. November 2019 wies das IGE diesen Antrag ab, im Wesentlichen mit der Begründung, die Gesuchstellerin habe nicht nachgewiesen, dass es sich vorliegend um eine schweizerisches Traditionsunternehmen handle. Gegen diesen Entscheid erhob die Candrian Catering AG am 2. Dezember 2019 Beschwerde beim BVGer.

Abweisung der Beschwerde

II. Erwägungen zum Thema eines Weiterbenützungsrechts am fraglichen Zeichen

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 8 WSchG besteht ein Vorbehalt des Gebrauchs des Schweizerwappens (sowie der Wappen der Kantone, Bezirke, Kreise und Gemeinden) zu Gunsten des betroffenen Gemeinwesens. (E. 2.3 a.A.)

b) Als Gebrauch des Schweizerwappens im vorliegenden Sinne gilt jede grafische Verwendung des Wappens selber oder von mit dem Wappen verwechselbaren Zeichen. (E. 2.3 a.A. sinngemäss)

c) Ein Zeichen gilt als mit dem Wappen verwechselbar, wenn seine Abwandlungen gegenüber der gesetzlich geschützten Darstellung z.B. in den Grössenverhältnissen, der Wappenform oder der Farbgebung nicht so ausgeprägt sind, dass seitens des Publikums Fehlzurechnungen des Wappens an die Adresse der ein solches Zeichen benützenden Person ausgeschlossen sind. (E. 2.3 zweiter Teil)

d) Eine Verwechslungsgefahr mit Bezug auf Schweizerkreuz und Schweizerwappen setzt ein über lokales Auftreten hinaus gehendes Verhalten voraus; denn Kreuz und Wappen symbolisieren hier eine landesweite Tätigkeit. (E. 5.2.2)

e) Gemäss Art. 8 Abs. 4 Bst. f i.V.m. Art. 35 WSchG ist der Gebrauch des Schweizerwappens durch andere Personen als den Bund bzw. berechtigte Bundesinstitutionen u.a. erlaubt, wenn diese ein Weiterbenützungsrecht geltend machen können. (E. 2.3 Mitte i.V.m. E. 2.4)

f) Mit Bezug auf Dienstleistungsmarken kann das EJPD gemäss Art. 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 WSchG auf fristgerechtes Gesuch hin (zur Frist vgl. Art. 35 Abs. 2 a.E. WSchG) im Sinne besonderer Umstände nach Art. Art. 35 Abs. 2 WSchG ein Weiterbenützungsrecht verfügen, wenn (i) das Schweizerwappen oder ein damit verwechselbares Zeichen Bestandteil einer vor dem 18. November 2009 eingetragen oder hinterlegten Marke ist und (ii) ein schutzwürdiges Interesse an der Weiterbenützung besteht. (E. 2.5 sinngemäss)

g) Ein schutzwürdiges Interesse an der Weiterbenützung von Dienstleistungsmarken (vgl. Art. 35 Abs. 4 Bst. b WSchG) setzt voraus, dass (i) der Gesuchsteller nachgewiesenermassen (i) ein schweizerisches Traditionsunternehmen ist und (ii) dass ein etabliertes Kennzeichen vorliegt. (E. 5.2)

h) Eine Weiterbenützung ist von vornherein ausgeschlossen, wenn ein Zeichen aufgrund seiner Wappenverwendung Täuschungen in folgender Hinsicht bewirkt: (i) über die geografische Herkunft der betroffenen Produkte; (ii) über die Nationalität des Benutzers, des Geschäfts, der Firma, des Vereins oder der Stiftung; (iii) über geschäftliche Verhältnisse der benutzenden Person sowie (iv) über angebliche amtliche Beziehungen zur Eidgenossenschaft oder zu einem Kanton. (Art. 35 Abs. 6 WSchG) (E. 2.5 a.E. sinngemäss)

i) Die Frage nach einem Weiterbenützungsrecht ist aufgrund des Gesamteindrucks des betroffenen Zeichens zu würdigen. (E. 3.3 erster Satz)

f) Als Traditionsunternehmen im vorliegenden Sinne (vgl. Bst. g/i hiervor) gelten aufgrund der Botschaft zum WSchG nur solche, die seit mindestens zwei Generationen bestehen. (E. 5.2.1, insbes. a.E.)

2. Subsumtion:

  • Das fragliche Zeichen enthält ein dem Schweizerwappen sehr ähnliches Bildelement sowie das als amtliche Bezeichnung bekannte Wortelement «Federal». Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass sein Gebrauch durch das Publikum mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Verbindung gebracht wird, weshalb hier ein mit dem Schweizerwappen verwechselbares Zeichen gegeben ist; ein Ausnahmefall gemäss Art. 8 Abs. 4 Bst. a – e WSchG ist nicht ersichtlich. (E. 3.3)
  • Unter dem Aspekt eines Weiterbenützungsrechts führt das Gericht gestützt auf diverse durch die Bf eingereichte Unterlagen (aufgeführt unter E. 5.3 Abs. 1 und 2) insbes. Folgendes aus:

Ein Nachweis der Bf fehlt, dass die Brasserie Federal ein seit mehreren Generationen geführtes Traditionsunternehmen ist; denn der fragliche Betrieb wird erst seit 1997 unter dem Namen «Brasserie Federal» samt entsprechendem Logo geführt. (E. 5.3 Abs. 3)

Das grosse Medienecho bei der Eröffnung im Jahr 1997 oder spätere sporadische Berichte in der deutschsprachigen Tagespresse sind keine genügenden Belege, dass das Zeichen langjährige und gesamtschweizerische Bekanntheit gewonnen hat. (E. 5.4 zweiter Teil)

Die Bf weist nicht nach, dass die Umgestaltung ihres Kennzeichens mit grossen Nachteilen verbunden wäre. (E. 5.4 a.A.)

III. Fazit

Das BVGer spricht der Bf ein schutzwürdiges Interesse an der Weiterbenützung des mit dem Schweizerwappen verwechselbaren Zeichens ab, wobei es auch auf das als amtliche Bezeichnung bekannte Wortelement «Federal» hinweist.

iusNet IP 25.10.2020