Der Markenschutz findet eine Grenze bei der Verwendung eines Zeichens im Bereich künstlerischer Gestaltungen durch Dritte
Der Markenschutz findet eine Grenze bei der Verwendung eines Zeichens im Bereich künstlerischer Gestaltungen durch Dritte
Der Markenschutz findet eine Grenze bei der Verwendung eines Zeichens im Bereich künstlerischer Gestaltungen durch Dritte
Cour de Justice Benelux A 2018/1/8 v. 23.9./14.10.2019
I. Ausgangslage
Die Moët Hennessy Champagne Service (nachfolgend Klägerin) ist u.a. aktiv in Herstellung von und Handel mit dem Champagnerwein «Dom Pérignon», welcher auf Grundlage einer Gestaltung durch den Künstler Andy Warhol – und als Marke der Klägerin geschützt – in einer charakteristischen Bauchform mit langem Hals und einem schildartigen Etikett mit dem Namen «Dom Pérignon» vertrieben wird. Der in Knokke ansässige Künstler Cédric Peers (nachfolgend Beklagter) hat im Zusammenhang mit den Dom Pérignon-Marken u.a. Gemälde geschaffen, die deutlich diese Marken entweder zeigen oder aber in spielerischen Varianten darstellen, wobei den Werken ein ironischer und manchmal erotischer Touch innewohnt. Weiter bietet der Beklagte auch Textilwaren zum Verkauf, auf denen gemäss Angaben der Klägerin den in Rede stehenden Marken sehr ähnliche Zeichen angebracht sind. Die Klägerin machte Verletzungen ihrer Markenrechte durch den Beklagten geltend und das zuständige Gericht stellt der Cour de Justice Benelux im Wesentlichen die Frage, ob im vorliegenden Fall ein «triftiger Grund» («juste motif») i.S.v. Art. 2.20.1.d der Benelux-Übereinkunft über den Schutz des geistigen Eigentums als Ausnahme vom ausschliesslichen Recht des Markenschutzes gegeben ist bzw. ob ein Fall der freien Meinungsäusserung i.S.v. Art. 10 EMRK vorliegt.
II. Erwägungen
Die künstlerische Freiheit stellt einen Aspekt des Rechts des Künstlers auf freie Meinungsäusserung dar, welcher – vorbehältlich der Einschränkungen gemäss art. 10 Abs. 2 EMRK – durch Art. 10 Abs. 1 EMRK geschützt ist. Allerdings setzt die künstlerische Freiheit als rechtfertigender Grund bzw. «juste motif» voraus, dass das künstlerische Werk nicht darauf abzielt, die Marke eines Markeninhabers oder diesen selber zu schädigen. Dabei ist auf die Umstände des konkreten Einzelfalles abzustellen. (Ziff. 9 des Urteils)
Die zu beurteilende Frage bezüglich Art. 2.20.1.d der Benelux-Übereinkunft (Stichwort: rechtfertigender Grund bzw. «juste motif») im Zusammenhang mit der künstlerischen Freiheit in der Verwendung eines Zeichens, ohne dass diese Verwendung die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen bezweckt, ist dahin gehend zu beantworten, dass diese Freiheit voraussetzt, dass das künstlerische Werk das Ergebnis eines kreativen Gestaltungsprozesses ist, der nicht darauf abzielt, eine Marke oder deren Inhaber zu schädigen. (Ziff. 10 i.V.m. Rz. 12 des Urteils)