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Der Import von Uhrenfälschungen für private Zwecke birgt das Risiko einer markenrechtlichen Verfolgung

Der Import von Uhrenfälschungen für private Zwecke birgt das Risiko einer markenrechtlichen Verfolgung

Jurisprudence
Markenrecht

Der Import von Uhrenfälschungen für private Zwecke birgt das Risiko einer markenrechtlichen Verfolgung

4A_379/2019 v. 4.12.2019

I. Ausgangslage

Im April 2018 hielt die Eidg. Zollverwaltung eine aus China kommende, durch A. in China bestellte Sendung mit elf mutmasslich gefälschten, mit dem Zeichen «ROLEX» versehene Uhren zurück, worüber sie die Verwaltung die ROLEX SA informierte. Eine Analyse des Schweizerischen Uhrenverbandes bestätigte die Fälschungen. Gestützt darauf klagte die ROLEX SA gegen A. gestützt auf ihre betroffenen Rolex-Marken vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich, u.a. mit dem Begehren, die betroffenen Uhren seien zu vernichten und es sei A. zu untersagen, entsprechende Nachahmungen in der Schweiz einzuführen oder einführen zu lassen sowie in der Schweiz anzubieten, in Verkehr zu bringen oder dabei mitzuwirken. Mit Urteil vom 5. Juni 2019 ordnete das Handelsgericht die Einziehung und Vernichtung der fraglichen Sendung an. Die übrigen Begehren wies es demgegenüber ab; dies insbes. mit der Begründung, ein zu privaten Zwecken handelnder Konsument könne nicht nach Art. 55 MSchG belangt werden, weil es nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprochen habe, sämtliche zivilrechtlichen Klageansprüche zuzulassen. Gegen die abweisenden Teile des Urteils erhob die ROLEX SA (nachfolgend Bf) Beschwerde vor BGer.

Teilweise Gutheissung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten war sowie Rückweisung betr. ein Auskunftsbegehren. 

II. Erwägungen unter dem Aspekt des markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsanspruchs

1. Grundsätzliches:

a) Gemäss Art. 55 Abs. 1 MSchG kann der Markeninhaber vom Richter u.a. verlangen, eine drohende Verletzung seiner Markenrechte zu verbieten. (E. 4.2)

b) Gemäss Art. 13 Abs. 2 Bst. d MSchG kann ein Markeninhaber u.a. verbieten, unter seinem Zeichen Waren ein-, aus- oder durchzuführen, wobei dieser Anspruch grundsätzlich auf den gewerbsmässigen Bereich beschränkt ist. (E. 4.1 erster Teil)

c) Nach der Ausnahmebestimmung von Art. 13 Abs. 2bis MSchG gelten Ansprüche gemäss Art. 13 Abs. 2 Bst. d MSchG auch, soweit es sich um die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von gewerblich hergestellten Waren zu privaten Zwecken handelt. Ziel dieser Bestimmung ist gemäss Botschaft des Bundesrates bei der Schaffung von Art. 13 Abs. 2bis MSchG, sog. Kapillarimporte (Einführung von geringen Mengen, z.B. im Reisegepäck) zu bekämpfen. Der neue Art. 13 Abs. 2bis MSchG stiess in der Folge zwar auf Kritik. In der parlamentarischen Debatte wurde er nicht besonders thematisiert; allerdings wurde dabei die Bedeutung wirksamer Massnahmen zur Bekämpfung der Piraterie hervorgehoben. (E. 4.1 zweiter Teil i.V.m. E. 7.1, 7.2 und 7.3)

d) Art. 13 Abs. 2bis MSchG verlangt (u.a.), dass es sich um gewerblich hergestellte Produkte handelt. Nicht erfasst sind demnach sind im Wesentlichen selbst hergestellte Waren sowie nicht auf Vorrat produzierte spontane Einzelanfertigungen. (E. 8.2)

e) Wortlaut und Systematik bezüglich Art. 13 Abs. 2bis MSchG sprechen gegen Einschränkungen der Ansprüche nach Art. 13 Abs. 2 Bst. d MSchG und damit gegen einen Ausschluss von Markenansprüchen im Falle von Kapillarimporten. Zum gleichen Resultat führen auch sowohl die Materialien als auch teleologische Überlegungen; denn mit der fraglichen Revision sollte das Ausschliesslichkeitsrecht des Markeninhabers ausdrücklich auf Waren ausgedehnt werden, welche zu privaten Zwecken ein-, aus- oder durchgeführt werden. (E. 8.1.1 i.V.m. E. 8.1.2 Abs. 2)

f) Der zivilrechtliche Rechtsschutz gemäss Art. 55 MSchG (vgl. dazu Bst. a hievor) steht ohne weiteres im Zusammenhang mit der Verletzung eines Rechts an der Marke und demzufolge auch damit, dass keine der in Art. 13 Abs. 2bis MSchG umschriebenen Handlungen ohne Zustimmung des Markeninhabers vorgenommen werden darf. Auch der zu privaten Zwecken tätige Importeur kann deshalb grundsätzlich ohne subjektiv vorwerfbares Verhalten ins Recht gefasst werden (E. 8.1.3)

g) Die Anrufung (u.a.) von Art. 55 MSchG bzw. die Anordnung eines Verbots nach Art. 55 Abs. 1 Bst. a MSchG steht jedoch unter der Voraussetzung eines schutzwürdigen Interesses des Klägers. Dementsprechend muss ernsthaft zu befürchten sein, dass das bisherige Verhalten des Beklagten zu einer künftigen Rechtsverletzung führt bzw. dass eine Wiederholungsgefahr besteht. (E. 9.3.1)

2. Subsumtion:

  • Es hilft dem Beschwerdegegner im Zusammenhang mit den Ansprüchen der Bf nach Art. 55 MSchG nichts, wenn er geltend macht, es sei nicht nachgewiesen worden, dass er wissentlich und willentlich gefälschte Uhren in die Schweiz eingeführt habe. (E. 8.1.3 a.E.)
  • Gemäss Sachverhaltsfeststellungen und auch Vorbringen des Beschwerdegegners steht ausser Frage, dass die fraglichen Uhren gewerblich hergestellt wurden. (E. 8.2 a.E.)
  • Unter Bezugnahme insbes. auf Vorbringen des Beschwerdegegners sowie sachverhaltsbezogene Ausführungen der Vorinstanz gelangt das BGer jedoch zum Schluss, dass die Bf bezüglich Anordnung eines Verbots nach Art. 55 Abs. 1 Bst. a MSchG kein schutzwürdiges Interesse besitzt. Zu diesem Resultat führt insbes. das Argument, es lägen keine Anhaltspunkte vor, welche weitere Bestellungen des Beschwerdegegners indizierten. (E. 9.3.5 i.V.m. E. 9.3.7)

III. Fazit

Das BGer stellt klar, dass Art. 13 Abs. 2bis MSchG sich auch auf sog. Kapillarimporte bezieht, soweit es um gewerblich hergestellte Produkte geht. Auch ist diesbezüglich kein Verschulden des Importeurs vorausgesetzt. Allerdings kann im Zusammenhang mit dieser Bestimmung die Anordnung eines Verbots nach Art. 55 Abs. 1 Bst. a MSchG nur verlangt werden, wenn tatsächlich eine Wiederholungsgefahr besteht, was im vorliegenden Fall verneint wurde mit der Folge, dass der Klägerin wegen Fehlens einer solchen Gefahr ein schutzwürdiges Interesse abgesprochen wurde.

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